Kinderzuschlag und Kindesunterhalt

Der Bundesgerichtshof hat mit Beschluss vom 28.10.2020 (XII ZB 512/19) entschieden, dass der Kinderzuschlag nach § 6a BKGG in voller Höhe als Einkommen des Kindes zu werten ist. Ein gewährter Kinderzuschlag deckt damit den Unterhaltsbedarf des Kindes. Damit reduziert sich der Unterhaltsanspruch des Kindes.

Dies ist für eine zukünftige Unterhaltsverpflichtung des barunterhaltspflichtigen Elternteils allerdings regelmäßig ohne Belang. Denn die Zahlung von Kindesunterhalt ist vorrangig. Eine bestehende Unterhaltsverpflichtung ist vor der Bewilligung eines Kindeszuschlages zu prüfen und zu berücksichtigen. Auch andere Leistungen, wie Unterhaltsvorschuss und BAföG sind vorrangig. Nach § 6a Absatz 3 Satz 4 BKGG besteht die Verpflichtung der Antragstellenden bzw. des Kindes und ggf. seines gesetzlichen Vertreters, zumutbare Anstrengungen zur Verwirklichung solcher Ansprüche zu unternehmen, bevor der Kinderzuschlag in Anspruch genommen wird. Die zumutbaren Anstrengungen der Verwirklichung sowie deren eventuelle Erfolglosigkeit sind der Familienkasse entsprechend nachzuweisen (z. B. Ablehnungsbescheid). Kindesunterhalt und andere Leistungen mindern den Anspruch auf Kinderzuschlag. Aber der Bezug des Kinderzuschlages kann selbstverständlich neben dem Bezug von Unterhalt oder Unterhaltsvorschussleistungen zur Sicherung des sächlichen Existenzminimums des Kindes erfolgen.

Bezieht ein barunterhaltspflichtiger Elternteil allerdings für in seinem Haushalt lebende minderjährige Kinder den Kinderzuschlag, dann erhöht sich hierdurch seine Leistungsfähigkeit zur Zahlung von Barunterhalt. Denn der Bedarf der im Haushalt lebenden Kinder ist durch den Kinderzuschlag teilweise gedeckt. Damit verbleibt dem barunterhaltsverpflichteten Elternteil mehr einsetzbares Einkommen. Er kann einen höheren Unterhalt für das nicht im Haushalt lebende Kind zahlen.

Was ist der Kinderzuschlag?

Der Kinderzuschlag ist eine bedarfs- und einkommensabhängige Sozialleistung, die zusätzlich zum Kindergeld gewährt wird. Der Antrag ist bei der Familienkasse zu stellen. Den Kinderzuschlag erhalten Eltern, die den Bedarf der gesamten Familie durch eigenes Einkommen oder eigenes Vermögen nicht oder nur knapp decken können. Dadurch sollen Familien mit kleinem Einkommen zielgenau unterstützt werden. Bei entsprechend hohen Wohnkosten oder einer entsprechenden Anzahl von Kindern kann der Kinderzuschlag auch bis in mittlere Einkommensbereiche hineinwirken.

Mit dem Kinderzuschlag sind weitere Leistungen bzw. Vergünstigungen, wie z. B. die Bildungs- und Teilhabeleistungen und die Befreiung von KiTa-Gebühren, verbunden. Für die Familien kann sich somit auch ein vergleichsweise kleiner Anspruch auf Kinderzuschlag lohnen.

Ein Anspruch auf Kinderzuschlag kommt für Kinder in Betracht, die unter 25 Jahre alt sind, im Haushalt der oder des Berechtigten leben und weder verheiratet noch verpartnert sind. Für diese Kinder muss zudem Kindergeld bezogen werden. Da sich der Kinderzuschlag an Familien richtet, die ihren Lebensunterhalt zu einem erheblichen Teil aus eigenen Mitteln decken können, müssen die Familien außerdem über Einkommen verfügen, das die sogenannte Mindesteinkommensgrenze erreicht. Verfügen die Kinder über eigenes Einkommen (auch Unterhalt etc.) oder Vermögen, mindert dies den Kinderzuschlag. Das Einkommen wird jedoch nicht vollständig, sondern nur zu einem Teil angerechnet. Auch Einkommen und Vermögen der Eltern mindern den Kinderzuschlag, jedoch nur, soweit es über das hinausgeht, was die Eltern zur Deckung ihres eigenen Bedarfs benötigen, und auch nur zu einem Teil, wenn es sich um Einkommen aus Erwerbstätigkeit handelt.

Zusammen mit dem Kindergeld und dem auf das Kind entfallenden Wohngeldanteil deckt der Kinderzuschlag den durchschnittlichen Bedarf von Kindern in Höhe der Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Anspruchsberechtigte Familien können daher mit dem Kinderzuschlag regelmäßig eine Hilfebedürftigkeit nach dem SGB II vermeiden. Der Kinderzuschlag ist gegenüber den Leistungen nach dem SGB II eine vorrangige Leistung. Sofern mit dem Kinderzuschlag Hilfebedürftigkeit der Familie im Sinne des SGB II für einen zusammenhängenden Zeitraum von mindestens drei Monaten vermieden werden kann, besteht die Pflicht, vorrangig Kinderzuschlag zu beantragen.

Können sich die Eltern nicht einigen, wer Kindergeld und Kinderzuschlag beziehen soll, hat nach § 3 Absatz 2 Satz 3 BKGG das Familiengericht zu entscheiden