Vorsorge durch Vollmacht?

Um zu vermeiden, dass für eine hilfsbedürftige Person, die ihre täglichen Angelegenheiten nicht mehr selber regeln kann, ein rechtlicher Betreuer vom Amtsgericht bestellt wird, wird Nahestehenden gern eine Vorsorgevollmacht erteilt. Mit dieser kann der Bevollmächtigte alle täglichen Dinge für den Hilfsbedürftigen regeln. Die Vorsorgevollmacht ist unkompliziert, lässt sich aus dem Internet als Formular ausdrucken, man muss nur ankreuzen, was man vom Bevollmächtigten erwartet und unterschreiben – fertig? Und dann wird dem Bevollmächtigten noch eine Kontovollmacht ausgestellt und für alles ist vorgesorgt…

Leider nein: Eine Vorsorgevollmacht kann nicht immer die rechtliche Betreuung verhindern: So kann der Bevollmächtigte wegfallen, z.B. weil er nicht mehr vor Ort wohnt oder er sich mit der zu betreuenden Person oder anderen Familienmitgliedern „verkracht“ hat und nicht mehr bereit ist, Verantwortung zu übernehmen. Kann die hilfsbedürftige Person aufgrund ihres schlechteren Gesundheitszustandes dann niemanden anderen mehr bevollmächtigen, bleibt nur noch die rechtliche Betreuung.

Und regelmäßig wird bei der Erteilung von Vorsorge- und Bankvollmachten übersehen, dass den Bevollmächtigten weitreichende Auskunfts- und Rechenschaftspflichten über die Verwendung des Geldes des Vollmachtgebers treffen können - insbesondere, wenn die Erben später wissen wollen, wo das Geld geblieben ist. Als Bevollmächtigter geht man also auch ein großes Risiko ein!

Eine zusätzliche Gefahr lauert dann auch noch dort, wo Geld irgendwohin „verschwindet“ – hier kann man sich als Bevollmächtigter schnell dem strafrechtlichen Vorwurf der Untreue ausgesetzt sehen. Wenn der Vollmachtgeber dadurch auch noch in wirtschaftliche Not gerät, weil er sowieso nur wenig eigenes Geld hatte, kann der Bevollmächtigte sich sogar in einem „besonders schweren Fall“ strafbar machen – mit einer Strafandrohung von 6 Monaten bis zu zehn Jahren!

Unser anwaltlicher Tipp:

In einer für Sie konkret erstellten Vorsorgevollmacht sollte daher nicht nur geregelt werden, wer - und für welche Aufgaben jeweils! - für was bevollmächtigt sein soll, sondern auch

  • wer Ersatz-Bevollmächtigter wird, wenn der Bevollmächtigte wegfällt,
  • in welchem Maße der Bevollmächtigte dem Vollmachtgeber und seinen Erben rechenschafts- und auskunftspflichtig sein soll

und ganz wichtig auch:

  • es können bestimmte Wünsche, wie der Bevollmächtigte jeweils handeln soll, festgehalten werden.

Je besser die Vorsorgevollmacht für den Einzelfall „konstruiert“ ist - und das ist das große Problem der Vordrucke und kostenlos erhältlichen Formulare –, desto belastbarer wird das Vertrauensverhältnis zwischen Vollmachtgeber, Vollmachtnehmer und den weiteren Beteiligten, also z.B. der Familie des Hilfebedürftigen und letztendlich dem Staat, der dann nicht in das Familiengefüge eingreifen muss.

Gern beraten wir Vollmachtgeber oder Vollmachtnehmer - oder zur Vollmachtserteilung auch Sie beide zusammen, um eine vertrauensvolle Zukunft für alle Seiten zu gestalten.