Erbschaftssteuerbefreiung für „Familienheim“ entfällt bei verzögerter Selbstnutzung durch die Erben

Wird eine durch den Erblasser selbst genutzte Immobilie (Einfamilienhaus, Eigentumswohnung) an den überlebenden Ehegatten oder (bis zu einer Wohnungsgröße von 200qm) an Kinder vererbt, kann dieser Vorgang erbschaftsteuerfrei bleiben.

Voraussetzung für die Steuerbefreiung ist insbesondere, dass der Erbe dieses sog. Familienheim nach dem Erbfall mindestens 10 Jahre selbst bewohnt. Ist dies nicht der Fall, kann die Befreiung auch rückwirkend wegfallen. Eine Ausnahme gilt, wenn der Erbe aus „zwingenden Gründen“ (z. B. bei einer Pflegebedürftigkeit) an der Selbstnutzung gehindert ist (§ 13 Abs. 1 Nr. 4c Satz 5 ErbStG). Weitere Voraussetzung ist, dass das sog. Familienheim unverzüglich zu eigenen Wohnzwecken selbst genutzt wird (§ 13 Abs. 1 Nr. 4c Satz 1 ErbStG).

Insbesondere bei Kindern, die beabsichtigen, in das geerbte Familienheim einzuziehen und zu diesem Zweck zuvor Umbauten oder Renovierungen vornehmen wollen bzw. müssen, kann daher die Frage eine Rolle spielen, ab wann eine (tatsächliche) Selbstnutzung spätestens vorliegen muss, um die Steuerbefreiung zu erlangen.

Nach bisheriger Rechtsprechung des Bundesfinanzgerichtshofes (BFH-Urteile vom 23.06.2015 II R 39/13 (BStBl 2016 II S. 225) und 28.05.2019 II R 37/16 (BStBl 2019 II S. 678)) ist bei einem Einzug innerhalb von 6 Monaten nach dem Erbfall die „Unverzüglichkeit“ regelmäßig noch gewahrt. Nach Ablauf dieses Zeitraums muss der Erbe für die Inanspruchnahme der Begünstigung glaubhaft machen, zu welchem Zeitpunkt er sich zur Selbstnutzung als Familienheim entschlossen hat, aus welchen Gründen ein Einzug nicht früher möglich war und dass er die Verzögerung nicht zu vertreten hat, um die Steuerbefreiung noch zu erlangen.

Ein Überschreiten des 6-Monats-Zeitraums aufgrund von Renovierungsarbeiten an dem sog. Familienheim kann dabei nur unter besonderen Voraussetzungen unschädlich sein, z.B. wenn ein gravierender Mangel der Wohnung vorliegt, der erst während der Renovierung entdeckt wird.

Das Finanzgericht Düsseldorf (FG Düsseldorf, Urteil vom 10.03.2021 4 K 2245/19 Erb) hat aktuell die Steuerbefreiung in einem Fall versagt, in dem die Tochter der Erblasserin nach Abschluss erheblicher Renovierungsarbeiten (erst) 18 Monate nach dem Erbfall in das Familienheim eingezogen war.

Das Gericht sah hier keinen Ausnahmetatbestand in Form gravierender Mängel der Wohnung gegeben; im Streitfall handelte es sich vielmehr um reguläre Renovierungs- und Modernisierungsarbeiten, die bereits unmittelbar nach dem Erbfall erkennbar waren. Das verzögerte Ausräumen und die Renovierung der Wohnung seien Umstände, die im Einflussbereich der Erbin lägen. Ein Verweis auf die hohe Auslastung im Baugewerbe ließ das Gericht ebenfalls nicht gelten, da diese „vorhersehbar“ gewesen sei und entsprechende Angebote frühzeitig hätten eingeholt werden können. Die erste Besichtigung durch einen Handwerker ist im Urteilsfall erst ca. 5 Monate nach dem Erbfall erfolgt. Auch die vorübergehende Verhinderung der Erbin bei der Bauüberwachung aus gesundheitlichen Gründen sei unerheblich, da diese Tätigkeit – so das Gericht – von ihrem Ehemann hätte übernommen werden können. Somit lagen keine „besonderen“ Gründe für die Verzögerung des Einzugs in die Wohnung vor. Die zur Erlangung der Steuerbefreiung notwendige unverzügliche Nutzung des sog. Familienheims zu eigenen Wohnzwecken ist nicht erfolgt.

Wichtig ist daher, in diesen Fällen so frühzeitig wie möglich nach dem Erbfall verschiedene Angebote von Baufirmen, Handwerker, Bausachverständige usw. einzuholen, um bei einem aufgrund notwendiger Sanierungsmaßnahmen verspäteten Einzug zur Selbstnutzung (> 6 Monate nach Erbfall) dokumentieren zu können, dass die Verzögerungen nicht selbst zu vertreten sind.